04.2.-13.2.2022 | Art up Ausstellung in der Inselgalerie
CLAUDIA DAMM • KIA KALI • IVANKA PENJAK • PETERHINZ • DORO SPIRO • TANJA WEKWERTH
Kuratorin: Kim Dotty Hachmann
Vernissage am 3.2.2022 von 18 – 21 Uhr | Finissage am Sonntag, 13.2.2022 von 15 – 18 Uhr
►Sonntag, 6.2.2022, 15–18 Uhr: Artist Talk
►Samstag, 12.02.2022 | 15–18 Uhr: Performance Day
In Zeiten eines kollektiven Narzissmus, einer Übersättigung und gleichzeitiger Leere, erscheint die Rückbesinnung auf das eigene innere Kraftzentrum so erforderlich wie nie. Der Autopilot, bereits ein Archetyp unserer Gesellschaft, ist eine zwielichtige Energie. Er gibt uns zwar Sicherheit in Situationen in denen wir Menschen unmittelbar agieren müssen, denn er funktioniert ohne Reflektion und Emotion. Doch er verführt uns auch zur Trägheit, dazu, Verantwortung abzugeben und zu handeln wie alle es tun, vermeintlich auf Nummer sicher. Der Autopilot ist der Mechanismus, der uns umbringt oder rettet, Fluch und Segen in einem, die Kraft, mit der sich jeder Mensch auseinandersetzen muss, wenn er nicht bloß durch sein schnell vergehendes Leben geweht werden will.
Die Ausstellung Autopilot wurde begleitet von der Künstlerin und Kuratorin Kim Dotty Hachmann.
PETERHINZ (Text von Peterhinz, redigiert von Urszula Usakowska-Wolff)
»Ich interessiere mich nicht für Farben oder Formen oder irgendetwas anderes. Mir geht es darum, menschliche Erfahrungen auszudrücken: Liebe, Unterdrückung, Heimatlosigkeit, Einsamkeit und so weiter. Jene, die meine Bilder betrachten, haben die gleiche Stimmung, die ich hatte, als ich sie malte.« Geboren und aufgewachsen in Freudenstadt, besuchte Peterhintz ab 1979 die Merz Akademie und anschließend 1983 die Filmschule Stuttgart. Er arbeitet in verschiedenen Medien, darunter Zeichnung, Malerei, Skulptur und Video. Sie nehmen Fantasien und Ängste als Ausgangspunkt und beleuchten das, was als »German Angst« bezeichnet wird. Der Künstler beschäftigt sich mit der Erinnerung und konfrontiert uns mit Darstellungen von Verlust, Instabilität und Vereinzelung. »Außenseiter malen nur kleine Bilder, im Fluchtformat auf Papier. Leicht zu verpacken. Leicht zu tragen. Der Rucksack und eine kurze Liste. Seit Jahren in Bereitschaft. Fluchtkünstler bedeutet: Am besten rückwärts arbeiten und sich den Hinterausgang freihalten. Beim Aquarell immer mit Schwarz beginnen. Auf keinen Fall das Wasser wechseln: Es darf ruhig stinken. Die Vorzeichnung ganz zum Schluss. Ungehobelt beginnen, mit einem abwesendem Blick für etwas, das gar nicht da ist und einen immer weitertreibt – in die Wildnis.« Durch das Werk von Peterhintz ziehen sich Risse und Brüche zwischen inneren Welten und der äußeren Realität. Er entwickelt unheimliche und vielschichtige Szenarien, die verdrängte Wünsche und Erinnerungen – sowohl persönliche als auch kollektive – an die Oberfläche bringen. Der Künstler kreiert ein kritisches Porträt der heutigen Kultur mit ihren vielen Fetischen, Obsessionen, Neurosen und verdrängten Fantasien.
CLAUDIA DAMM (Text von Urszula Usakowska-Wolff)
Für die Berliner Künstlerin Claudia M. Damm ist Kunst die Seele der Welt, Traum und Wirklichkeit in einem, eine gleichsam göttliche und profane Sphäre, für die sie Räume erschafft, in denen sie ihre Vision von einer friedlichen Welt konzeptuell ausarbeiten und später in einem passenden Medium veranschaulichen kann. Obwohl sie so unterschiedliche Disziplinen wie Freie Kunst, Medizin, Ethnologie und Politologie, Musik und Management in Berlin und Bogotá studierte, entschied sie sich vor 20 Jahren für die bildende Kunst. Das Spektrum ihres künstlerischen Schaf – fens umfasst Malerei, Performances, Assem – blagen und Rauminstallationen aus »armen« Materialien (wozu vor allem Fundstücke gehören), die für sie einen symbolischen Wert haben: zersplittertes Sicherheitsglas, das sie Diamanten der Transformation nennt, Watte, Rost, Dosen, Platinen, Rötel, Blüten, Fäden, Schwanenfedern, vor einem Sanitätshaus gefundene anatomische Mannequins. Das ist der Stoff, aus dem Claudia M. Damm in ihrem Atelier, welches einem Alchemielabor ähnelt, überraschende Kunstwerke kreiert. Manchmal leuchtet darauf Blattgold auf, das ihnen eine sakrale Aura verleiht. Sie ist vom Mysterium der gewöhnlichen, weggeworfenen, beschädigten, unbrauchbaren Dinge fasziniert und verwandelt sie in Preziosen. Die Kunst als eine fortwährende Metamorphose ist ein unendlicher Prozess, deshalb übermalt sie ihre großformatigen Öl- und Acrylgemälde immer wieder, sodass erst beim genauen Hinschauen, vielleicht infolge einer göttlichen Intervention, unter der fast monochromen Oberfläche die verborgenen Schichten und Figuren wie etwa der Schnabel, Kopf und Hals eines Schwans oder eine Himmelsleiter durchscheinen, um sich, von der Hektik der Außenwelt unbeeindruckt, still und langsam zu entfalten.
TANJA WEKWERTH (Text von Urszula Usakowska-Wolf)
In ihrem vielseitigen Werk überschreitet Tanja Wekwerth die Grenzen zwischen Fotografie, Malerei und Film. Sie übermalt fotografierte Stadtansichten, die verborgene Energien und die Seele der Dinge offenbaren. Die Künstlerin, die mehrere Jahre in Paris verbrachte, wo sie Sprachen studierte und als Übersetzerin und Model arbeitete, etablierte sich nach der Rückkehr in ihre Geburtsstadt Berlin zuerst als Schriftstellerin. Sie veröffentlichte acht Romane, ihr neuester, »Seerosenzimmer«, erschien 2021 bei PalmArtPress. Weil Schreiben und Fotografieren verwandte Disziplinen sind, in denen es darum geht, Geschichten zu erzählen, studierte Tanja Wekwerth Fotodesign an der Akademie Deutsche Pop in Berlin und schloss mit der Note »sehr gut« ab. Sie ist eine Künstlerin, die eine genuine Bildsprache entwickelt hat. Ihre urbanen Landschaften erzählen von der Schönheit der Städte, die sie in Farbe taucht, um die in den Häusern, Straßen, Parks und Flüssen schlummernde Kraft zu visualisieren. Sie wirken vertraut und nahe, auch wenn sie weit weg liegen. Neben dem malerischen Sehen wird in den neuesten Selbstportrait-Fotoserien auch Tanja Wekwerths filmisches Sehen manifest. Auf einer verschneiten Wiese tanzt sie mit einer alten afrikanischen Maske oder solo und drückt die zeitübergreifende Lebensfreude und die beflügelnde Kraft von Natur und Kultur aus. Wenn wir an ihren dynamischen Bildern entlangziehen, scheinen sie sich wie ein Film abzuspielen: von uns in Bewegung gebracht – und wir von ihnen.
KIA KALI (Text Urszula Usakowska-Wolff)
Kia Kali konzipiert Räume, wo die Teilnehmenden ihre Selbstwahrnehmung erforschen und sich auf etwas Wesentliches rückbesinnen können. In einer Gesellschaft, die immer körperloser und gesättigter wird, weist Kia Kalis Kunst einen Weg zu sich selbst im Zeichen der Entschleunigung: Sie trägt zur Sinnesschärfung bei und ermöglicht es, in die Magie des schöpferischen, vom Ballast des Alltags befreiten Augenblicks einzutauchen. Diese Zustände, in denen Körper und Geist zu einer Einheit werden, sind ein zentrales Thema von Kia Kalis genreübergreifendem Werk. Die in Berlin lebende Künstlerin wurde in Buenos Aires geboren. Sie studierte Kunst in Argentinien, den USA, Indien und Deutschland, machte den B.A. am Dickinson College (USA) und 2019 den M.F.A. an der Hochschule für bildende Künste Hamburg. Ihr Werk reicht von Videoarbeiten über Performances bis hin zu immersiven Rauminstallationen, in denen sie mit dem Publikum interagiert. In ihrer Kunst sucht Kia Kali nach meditativen Zuständen, die das Licht auf sensorische und mentale Landschaften, Reflexionen und Sehnsüchte richten und dadurch zu neuen Erfahrungen führen – sowohl physisch als auch geistig. Sie lädt Menschen ein, zu sich selbst zu kommen und ihren eigenen Körper, ihre Gedanken, Träume und Wünsche zu erleben.
IVANKA PENJAK (Text Urszula Usakowska-Wolff)
Die Sujets von Ivanka Penjaks meist analoger Klein- oder Mittelformate sind Stadt- und Naturansichten. Sie nimmt sich viel Zeit, um ihre urbanen oder natürlichen Landschaften, die als Veduten der Gegenwart bezeichnet werden können, zu gestalten.1988 in Nürnberg geboren, machte sie den Abschluss mit Gesellenbrief in Werbefotografie in den Maul und Belser Studios in Nürnberg, anschließend den Bachelor of Arts in Fotojournalismus und Dokumentarfotografie an der FH Hannover. Seit 2012 ist sie freischaffende Fotografin, vor allem im Bereich der künstlerischen Fotografie. Die in Berlin lebende Künstlerin nahm an zahlreichen Gruppenausstellungen teil, darunter Beyond with Ray Plus in Frankfurt am Main 2021, RAW Phototriennale Worpswede (zusammen mit Ostkreuz – Agentur der Fotografen) 2020 und Schmiede- Media Art Festival in Österreich. 2018 veröffentlichte sie im Hirnkost Verlag den Bild- und Textband »Der weiße Fleck/The White Spot. DDR Hohenschönhausen«, wo sie sowohl die Opfer als auch die Täter des DDR-Regimes zu Wort kommen ließ. Was die Künstlerin interessiert, ist die Ordnung der Architektur, ihre symmetrischen und rhythmischen Strukturen und die Wiederholbarkeit der Motive, denen sie das scheinbare Chaos der Natur gegenüberstellt. Sie spielt mit Kontrasten wie weich und hart, leicht und massiv, warm und kalt, Bewegung und Stillstand. Durch die Spiegelungen, die ein häufiges Thema ihrer Fotografien sind, werden starre Gegenstände, wie etwa ein abgestelltes Auto mit Abdeckplane, zum Leben erweckt.
DORO SPIRO (Text Urszula Usakowska-Wolff)
Die Berliner Künstlerin Doro Spiro ist eine erfolgreiche und gefragte Illustratorin und Designerin, die seit vielen Jahren mit renommierten Redaktionen, Verlagen und Unternehmen zusammenarbeitet. Zu ihren Kunden zählen unter anderem die Stiftung Humboldt Forum, die Robert Bosch Stiftung, das Auswärtige Amt, die Berliner Senatsverwaltung, die Berliner Festspiele, der Tagesspiegel und DIE ZEIT. Sie studierte Visuelle Kommunikation an der Universität der Künste Berlin und Druckgrafik an der Australian National University in Canberra, wonach sie eine Zeitlang ihr eigenes Siebdruckstudio in Berlin betrieb. Ihre Illustrationen erfreuen sich einer ungebrochenen Popularität; sie bestechen durch intensive Farben und ein klares Formenvokabular, sind oft eine Kombination von Bildern und Texten. Doch Doro Spiro, die sich schon als Teenager zur Malerei hingezogen fühlte, gestaltet in letzter Zeit zunehmend abstrakte Ölgemälde, welche sich mit den Auswirkungen der fortschreitenden Digitalisierung auseinandersetzen. Benutzt der Mensch das Objekt oder wird er vom Objekt benutzt? fragt die Künstlerin. Ihre Antwort darauf ist eine Reihe gegenstandsloser Bilder, welche die Transformation von technisch anmutenden starren Formen in organische flexible Subjekte veranschaulichen: Sie expandieren in den Raum und verheißen persönliche Freiheit. Die Bildtitel, dem Online-Vokabular sowie kulturwissenschaftlichen und philosophischen Texten entnommen, sind ein beabsichtigter Kontrast zu abstrakten Konstellationen, die sich von den Äußerlichkeiten abwenden, innere Tiefe und Selbsterkenntnis spiegeln.
►6.2.2022, 15 – 18 Uhr: Artist Talk
►12.02.2022 | 15 – 18 Performance Day | 10 min pro Person
Claudia Damm | Into the Untouched
Kia Kali | Chest of Mirrors
Die Ausstellungen und Veranstaltungen der INSELGALERIE Berlin werden gefördert durch die Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Europa – Künstlerinnenförderung.