2.7.2024, Dienstag ab 19 Uhr

SCREENING AUSGEWÄHLTER VIDEOS
DER FRESH LEGS 2024 AUSSTELLUNG


Einladung zum Gespräch zur neuen Videosektion FRESH LEGS 2024 am 2. Juli, 19 Uhr in der INSELGALERIE Berlin

Warum laden wir ein zu einem Gespräch über Videos – sprechen sie nicht für sich selbst?
Die Kooperationspartnerinnen in der diesjährigen Ausgabe FRESH LEGS hatten sich sehr schnell für eine Zusammenführung aller jurierten Videos in einer neuen Sektion entschieden. Die Vielfalt der Techniken und besonders der Inhalte überzeugte uns. Und wir wollten mit den Künstler*innen und den Zuschauer*innen dieser Arbeiten ins Gespräch kommen. Also, was überzeugte uns wodurch und was sehen, hören und erleben unsere Besucher*innen?
Was bewirken die harten, schnellen Schnitte bei Retkowskas NOMADS, warum lässt uns die an frühe digitale Videospielästhetik erinnernde beunruhigende Atmosphäre von Özcan nicht kalt, wie erfasst uns die emotionale Reise in MAMMA von Teljer&Hjort, der dynamische Wechsel zwischen visuellen und verbalen Aspekten in der Videografie von Hetzenauer, Salceanus unerbittliche Bilder zur Nachhaltigkeit in der Nahrungsmittelindustrie oder die fast meditative Interaktion Mensch – Natur von Granato? Erreicht uns die sanfte Stimme der Erzählerin beim Anblick einer paradiesischen, Sorgenfreiheit suggerierenden Landschaft in Wei Zhous Holiday Paradise?

Wir freuen uns auf eine sicher spannende Begegnung, zu der die Juroren auch die „Produzent*innen“ eingeladen haben.


Invitation to a talk on the new video section FRESH LEGS 2024 on July 2, 7 pm at INSELGALERIE Berlin

Why are we inviting you to a conversation about videos – don’t they speak for themselves?
The cooperation partners in this year’s edition of FRESH LEGS very quickly decided to bring together all the juried videos in a new section. We were impressed by the variety of techniques and especially the content. And we wanted to get into conversation with the artists and viewers of these works. So, what convinced us and what will our visitors see, hear and experience?
What is the effect of the hard, fast cuts in Retkowska’s NOMADS, why does Özcan’s unsettling atmosphere reminiscent of early digital video game aesthetics leave us cold, how does the emotional journey in MAMMA by Teljer&Hjort, the dynamic alternation between visual and verbal aspects in Hetzenauer’s videography, Salceanu’s relentless images of sustainability in the food industry or the almost meditative interaction between man and nature by Granato affect us? Does the gentle voice of the narrator reach us at the sight of a paradisiacal, carefree landscape in Wei Zhou’s Holiday Paradise?

We are looking forward to what is sure to be an exciting encounter, to which the jurors have also invited the “producers”.

Das Video ‚Expedited Labor‘ des amerikanisch-rumänischen Künstlers Alexandru Salceanu befasst sich mit der globalen Bewegung und Ausbeutung von Wanderarbeitern in derLebensmittelindustrie, einem System, das in hohem Maße auf ihre Niedriglöhne angewiesen ist. Durch die visuelle Darstellung von Lebensmittelabfällen neben Briefmarken, die die globale Verteilung markieren, unterstreicht Salceanu sowohl die Ausbeutung von Arbeitern als auch die Ineffizienz des globalen Lebensmittelsystems. Das Video regt die Betrachter auch dazu an, über ihre eigene Rolle in diesem Kreislauf von Verschwendung und Ausbeutung nachzudenken.

The video “Expedited Labor” by American-Romanian artistAlexandru Salceanu delves into the global movement andexploitation of migrant workers within the food industry,a system heavily reliant on their low-wage labor.By visually depicting food waste alongside stampsmarking global distribution, Salceanu underscores boththe exploitation of workers and the inefficiencies of theglobal food system. The video also prompts viewers toreflect on their own role within this cycle of waste andexploitation.

Der spanischsprachige Kurzfilm „A God’s Shadow“ lässt den Zuschauer an der Lebensgeschichte eines Mannes im ländlichen Mexiko teilhaben, der in einem fast folkloristischen Erzählstil von der gequälten Vergangenheit seiner Gemeinde und seinen eigenen Erfahrungen berichtet. Der Schwarz-Weiß-Film wechselt nahtlos zwischen intimen Nahaufnahmen von Gesichtern und stimmungsvollen Landschafts- und Dorfszenen, die eine eindringliche Atmosphäre schaffen. Aberglaube und Spiritualität als Teil der Erzählung hinterfragen die Notwendigkeit und Bedeutung von Überlebensmechanismen.

The Spanish-language short film “A God’s Shadow” lets theviewer participate in the life story of a man in rural Mexico,who tells of his community’s tormented past and his ownexperiences in an almost folkloric narrative style. The black-and-white film alternates seamlessly between intimateclose-ups of faces and atmospheric landscape and villagescenes, creating a haunting atmosphere. Superstition andspirituality as part of the narrative question the necessityand importance of survival mechanisms.

„Luca Granato ist ein Multimediakünstler, dessen künstlerische Praxis und auch sein Video ‘HOEING THE SEA’ sich durch eine minimalistische Ästhetik und Komposition auszeichnet, in der statische und dynamische Elemente nahtlos ineinander übergehen, so dass der Eindruck entsteht, ein Bild mit bewegten Elementen in einer Schleife zu sehen. Das Video hinterfragt die menschliche Interaktion mit der Natur und regt uns an, über unsere Rolle nachzudenken. Es ist fast schmerzhaft klar, dass es in dieser Videosequenz keine visuellen Fluchtwege gibt, was den Betrachter dazu zwingt, seinen eigenen Standpunkt und die Werte, die er damit verbindet, zu hinterfragen.“

“Luca Granato is a multimedia artist whose artistic practice, aswell as his video ‘HOEING THE SEA’, is characterized by aminimalist aesthetic and composition in which static anddynamic elements merge seamlessly, giving the impression ofwatching an image with moving elements in a loop. The videoquestions human interaction with nature and encourages us toreflect on our role. It is almost painfully clear that there are novisual escape routes in this video sequence, forcing the viewer toquestion their own point of view and the values they associatewith it.”

Das Schwarz-Weiß-Video „Mamma“, eine Coproduktion von Teljer & Hjort, lässt den Betrachter durch intime Nahaufnahmen in eine emotionale Reise eintauchen. Trotz der statischen Kulisse vermitteltdie ausdrucksstarke Mimik von Hjort eine Intensität, die fast unerträglich ist. Dem Hauptdarsteller gelingt es eindrucksvoll, eine tiefe Sehnsucht nach Liebe und Geborgenheit zu vermitteln, die indem universell klingenden, alters- und kulturübergreifenden Begriff MAMMA verkörpert wird. Diese eindringliche Erkundung von Emotionen bietet ein fesselndes, aber gelegentlich auch konfrontatives Seherlebnis, das zur Selbstbeobachtung und zur Konfrontation mit den eigenen emotionalen Abgründen anregt. Neben seiner Filmarbeit ist Teljer auch als Maler tätig. Hjort ist sein Freund und ein norwegischer Schauspieler.

The black and white video “MAMMA”, a co-production by Teljer& Hjort, immerses the viewer in an emotional journey throughintimate close-ups. Despite the static backdrop, the expressivefacial expressions of Hjort convey an intensity that is almostunbearable. The lead actor is able to impressively convey a deeplonging for love and security, which is embodied in thisuniversal-sounding, cross-age and cross-cultural term“MAMMA”. This penetrating exploration of emotions offers acaptivating but occasionally confrontational viewing experiencethat encourages introspection and a confrontation with one’sown emotional depths. In addition to his film work, Teljer is alsoa painter. Hjort is his friend and a Norwegian actor.

Der Kurzfilm „The Birthmark“, der in Zusammenarbeit mit Pia Ilonka Schenk Jensen entstand, fängt den Schmerz einer Mutter ein, die um ihre Tochter trauert. Die Erzählung entfaltet sich durchden emotionalen Monolog der Mutter, der nur durch minimale visuelle Elemente unterstützt wird und den Betrachter dazu zwingt, seine eigenen imaginären Bilder zu entwickeln und sich auf die begleitende Stimme zu konzentrieren. Diese intime Perspektive vertieft die Verbindung zu ihrer Trauer und ermöglicht es dem Zuschauer, sich tief in ihren Schmerz einzufühlen.

The short film “The Birthmark”, created in collaborationwith Pia Ilonka Schenk Jensen, captures the pain of amother mourning the loss of her daughter. The narrativeunfolds through the mother’s emotional monologue,supported only by minimal visual elements, forcing theviewer to develop their own imaginary images and focus onthe accompanying voice. This intimate perspective deepensthe connection to her grief and allows the viewer toempathize deeply with her pain.

„Özgur Özcans surrealistische Videografie bringt verschiedene Elemente seines künstlerischen Stils zum Leben und zeigt eine Verschmelzung von Cut-up-Animationen und Collagen, die sich alle durch das Medium Video entfalten. Diese Animationen laden den Betrachter dazu ein, sich mit der Ungewissheit und Komplexität auseinanderzusetzen, die Teil der menschlichen Existenz sind. In diesem Video fordert Özcan sein Publikum auf, sich den irrationalen Aspekten des menschlichen Bewusstseins zu stellen. Er weckt beim Betrachter eine spielerische Faszination und ermutigt ihn, seine eigenen Assoziationen zu entdecken.“

„Özgur Özcans surrealist videography brings different elements of his artistic style to life, showcasing a fusion of cut-up animations and collages, all unfolding through the medium of video. These animations invite the viewer to confront the uncertainty and compexity that is part of the human condition. In this video, Özcan dares his audience to face the irrational aspects of the human consciousness, sparking a playful fascination in the viewqer and encouraging them to uncover their own associations.“

Der Kurzfilm mit dem deutschen Titel „Wann habe ich aufgehört, dir meine Träume zu erzählen?“ folgt der Reise eines Enkels, der sich mit dem Älterwerden, dem Verfall und dem Verlust eines geliebten Großelternteils auseinandersetzt. Die Montage von Schwarz-Weiß-Fotos und der zu Herzen gehende langsame Monolog des Enkels nehmen den Zuschauer mit auf eine reflektierende und zum Nachdenken anregende Reise. Die Geschichte des Enkels ist eine ergreifende Hommage an das Leben seiner Großmutter, die die Schönheit und Zerbrechlichkeit ihrer letzten Jahre einfängt und den Betrachter mit Fragen über seine eigenen Beziehungen zurücklässt.

The short film with the German title “Wann habe ich aufgehört, dirmeine Träume zu erzählen?”(“When did I stop telling you my dreams?”)follows the journey of a grandchild as he comes to terms with ageing,decline and the loss of a beloved grandparent. The montage of blackand white photos and the grandson’s heartfelt slow monologue takethe viewer on a reflective and thought-provoking journey. Thegrandson’s story is a poignant tribute to his grandmother’s life,capturing the beauty and fragility of her final years and leaving theviewer with questions about their own relationships.

Nomads zeigt das Individuum zwischen zerdrückenden Wänden, immer kleiner werden Räumen und damit trotz ständiger Bewegung in einem klaustrophobischen Außenraum, dem auch der innere Raum nicht standhalten kann.

Redkowska’s use of repetitive monocromatic objrcts is reminicent of the disturbed subconscious that is exposed in the artis’s body. Nomads shows the individual between crushing walls, ever smaller rooms and thus, despite constant movement, a claustophobic outer space.

Die Animation Anamnesis schafft eine hypnotische Atmosphäre durch eine rasche Abfolge von sich wiederholendenBildern, die eine emotionale Selbstbeobachtung und innere Fragen über den menschlichen Geist, die Identität und die Erinnerung hervorrufen. Diese Erinnerung ist jedoch partiell, denn ein Teil von uns selbst, die Ursache der Erinnerung, liegt außerhalb von uns.

The film sequences created by Retkowska are suggestive.Her works range up to disturbing emotions that remind theviewer of their hidden existence. The animation Anamnesiscreates a hypnotic atmosphere through a rapid successionof repetitive images, evoking emotional introspection andinner questions about the human mind, identity andmemory.

In ihrer Videoarbeit “Composition” konzentriert sich Retkowska auf die audiovisuellen Ästhetik des Dialogs zwischen einem aufgezeichneten Naturfragment und der Fantasie. Das vertikale Muster, das in diesem kontemplativen Film entsteht, offenbart seine grafische Inspiration.

Her videos are dedicated to human behaviour betweendemarcation and aggression as well as excessive demands.In her video work “Composition”, Retkowska focuses on theaudiovisual aesthetics of the dialog between a recordedfragment of nature and the imagination. The verticalpattern that emerges in this contemplative film reveals itsgraphic inspiration.

Morning Exercise: Das Video untersucht die komplexen Bedeutungen des Klatschens. Eine ältere Frau klatscht, nicht als Zeichen der Zustimmung zu den Worten einer anderen Frau, sondern als eine Form der körperlichen Betätigung. Ein Bild für die Bedrohung durch das Eindringen des Privaten in die öffentliche Späre und hinterfragt damit demokratische Mechanismen.

Morning Exercise: The video explores the complex meaningsof clapping. An older woman claps, not as a sign of approvalof another woman’s words, but as a form of physicalexercise. An image of the threat posed by the intrusion ofthe private into the public sphere and thus questionsdemocratic mechanisms.

Immediate Date: Aus intuitiv mit einem iPhone gefilmten Aufnahmen entsteht eine unmittelbare Datenbank desvisuellen Bewusstseins. Durch den ständigen Wechselzwischen der Ich-Perspektive und dem Objekt des Blickswird versucht, ein tiefes Gefühl der Intersubjektivität zuvermitteln.

Immediate Date: An immediate database of visualconsciousness is created from images filmed intuitivelywith an iPhone. By constantly switching between the first-person perspective and the object of the gaze, an attemptis made to convey a deep sense of intersubjectivity.

Holiday Paradise: Ruinen in einer malerischen Landschaft. Die chinesische Erzählerin verknüpft ferne Orte und die Geschichte ihrer Vorfahren in Erinnerungsbildern. Das Projekt entfaltet sich durch eine Reihe von Tableaus, die Nostalgie mit Dynamik und Zweideutigkeit erkunden.

Holiday Paradise: Ruins in a picturesque landscape. The Chinese narrator connects distant places and the history of her ancestors in memory images. The project unfolds through a series of tableaux that explore nostalgia with dynamism and ambiguity.