15.9.-4.11.2023  |  Vernissage: 14.9.2023, Donnerstag, 19 – 22 Uhr  |
Finissage: 4.11.2023, Samstag, 14 – 16 Uhr

VARIABLE X
Künstlerinnen des Vereins erkunden das Phänomen der Zeit
anlässlich 30 Jahre Berliner Fraueninitiative XANTHIPPE e. V.

Niemand kann aus der Zeit, in die er geboren wurde, aussteigen. Oft sieht man Kunstwerken sogar das Jahrzehnt ihrer Entstehung an, weil die Künstler:innen bestimmten Vorbildern und Trends folgten und so letztendlich im Zeitgeist gefangen waren.

Dabei streben sie nach Zeitlosigkeit, die meisten jedenfalls. Sie wünschen sich, dass ihr Werk überdauert und von den folgenden Generationen noch gelesen und verstanden wird. Sie suchen nach einer eigenen Sprache für von Moden und Zeitgeist unabhängige Essenzen menschlichen Seins, sowohl in der Bildenden Kunst als auch in der Literatur.

Auf der anderen Seite gibt es solche, die ihr Werk ganz bewusst der Vergänglichkeit unterwerfen, aus Protest gegen die allgegenwärtigen Möglichkeiten der Technik, alles festzuhalten, aufzuzeichnen und zu konservieren. Der Verzicht darauf setzt ebenfalls eine Auseinandersetzung mit der Frage nach der Zeit voraus.

Der Trägerverein der INSELGALERIE Berlin, die Berliner Fraueninitiative XANTHIPPE e. V. besteht seit 30 Jahren. Dieses Jubiläum nehmen wir zum Anlass, dem Phänomen der Zeit nachzuspüren. Die Künstlerinnen sind aufgefordert, zu den Begriffen Zeit – Zeitgeist – Zeitlosigkeit sowie ihre eigenen Beziehungen und Gedanken zum Thema Zeit zu arbeiten. Wo begreifen sie sich selbst, jede einzelne von ihnen, zwischen Vergangenem und Kommenden?

Der Titel „Variable X“ verweist auf die Namensgeberin Xanthippe und deren sich ändernden Ruf in der Gesellschaft. Wurde ihr Name einst abfällig gebraucht, stehen ihre Streitlust und ihr Widerspruchsgeist heute als weibliche Tugenden im Raum. Der Titel verweist auch auf die Veränderbarkeit der Vereins-Künstlerinnen selbst. Einige blicken vom Alter zurück auf ihr Schaffen, andere stehen noch am Anfang und beobachten die Veränderung ihres Werks.

„MUT und VISION“ | 30 Jahre XANTHIPPE e.V., 2023 – konzipiert und erstellt von Kim Dotty Hachmann (21:45)

Geboren 1955 in Konstanz
Studium der Malerei an der Hochschule der Künste Berlin (Meisterschülerin)
Lebt und arbeitet in Berlin

 Für meine Serie „Dutch Houses“, die den Bogen spannt von den ersten Einwanderern in Amerika bis in die Jetztzeit, basiert auf einer fotografischen Dokumentation aus den 1930er Jahren. Niuederländische Siedler gründeten damals, im 17. Jahrhundert New Amsterdam. Ihre Häuser spiegelten der Form nach Architekturen ihres Herkunftslandes.
Eine Kultur wird so auf fremdem Boden implementiert. Und damit auch ein Stück Heimatgefühl.
Die bleibende Abbildung ist Entzeitlichung. Die Häuser aber verfallen!

Sonja Blattner

1974 geboren, studierte von 1995 bis 2001 Bildende Kunst, Philosophie und Chemie an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz,
2002 Vertiefungsstudium Fotografie, Klasse Vladimir Spacek.
Seit 2005 lebt und arbeitet in Berlin.

Die Werkgruppe NEEDLES AND THOUGHTS geht auf einen Arbeitsaufenthalt 2022 in einer früheren Posamentenfabrik in Treuchtlingen zurück. Umgeben von riesigen Webstühlen und kunstwerklichen Schmucktextilien der Sammlungen vor Ort interpretiert Britz hier Foliendrucke neu. Ihre Pigmentdrucke, größtenteils aus der Corona-Zeit, erfahren ein Upcycling durch Garne, Borten und Spitzen. Analoge und digitale, industrielle und handwerkliche Arbeitstechniken widerspiegeln gesellschaftliche Situation und spezifische Lebenssituation einer Künstlerin während der Pandemie.

1965–1970 Studium an der TU Dresden. 1971–1987 Designerin für öffentliche Räume. 1988–1990 Koordinierung von Kunst am Bau und im öffentlichen Raum. Ab 1991 Raum- und Produktdesign. Seit 1965 autodidaktische Beschäftigung mit künstlerischen Techniken. Lebt und arbeitet in Eichwalde bei Berlin.

Die derzeitige Weltlage bietet alles, was denkbar ist im Leben und was sich die Menschheit selbst bereiten kann: vom Leben im Urwald, das bedroht wird, bis zum schlimmsten Terror und Kriegen gegen die verschiedenen Zivilisationen.
Es sind keine naturgegebenen Vorkommnisse, sondern von Menschen gesteuerte und unter Benutzung vieler abhängiger Menschen durchgeführte Aktionen.
Mit den Arbeiten ist eine Erinnerung an alles, was damit zusammenhängt, an einer friedlichen Stelle beabsichtigt.
Auch in Zeiten des Friedens müssen Wege gesucht werden, diesen Weg nicht zu verlassen.

1947 in Berlin geboren
1971 – 1976 Studium und Diplom Grafik an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee
2019 Brandenburgischer Kunstpreis für Grafik
lebt und arbeitet in Berlin und Dagow/Brandenburg.

Abdrücke, Zeichen, Spuren, Erinnerungen – zufällig entdeckt auf dem Fußboden – Ausgangspunkt meiner Arbeit ist immer die Natur, es ist ein Zwischenbereich von gegenständlicher und abstrakter Darstellung, der dem Betrachter möglichst viel Spielraum für eigene Gedanken läßt.
Ich spiele – es geschieht unbewußt.

Kim Dotty Hachmann geboren 1974 in Hamburg, lebt und arbeitet in Berlin. 1996–2004 Studium Visuelle Kommunikation und freie Kunst mit Schwerpunkt Neue Medien, Kunsthochschule Kassel (KhK) bei Bjørn Melhus, Rolf Lobeck, Nicolaus Ott, Bernard Stein; Abschluß mit Auszeichnung, Meisterschülerin der Professoren Ott und Stein. 2002 KhK Hochschulpreis, weitere Auszeichnungen folgten. Seit 2001 Teilnahme an internationalen Ausstellungen und Medienkunstfestivals sowie weltweite Stipendien und Artist-in-Residence-Programme.

Im Standbild der Videoarbeit BAU I aus der Serie Tier verwebt sich der zeitliche Aspekt in mehreren Dimensionen. Wir sehen den eingefrorenen Moment eines zeitlichen Ablaufs, in dem ein Frame aus einem Bewegtbild extrahiert wurde. Zudem entsteht durch den digitalen Effekt der Überblendung die doppelte Darstellung ein und derselben Figur zum selben Zeitpunkt. Während neun Monaten Schwangerschaft verwandeln sich nicht nur die Körper von Frau und Fötus, es erwachen auch animalische Instinkte. Für das im Mutterleib reifende Menschenwesen beginnt mit der Geburt die eigene Zeitrechnung.

geboren in Reichenberg/Liberec,Tschechien
seit 1999 Mitglied in der GEDOK Berlin
seit 2007 Mitglied im VereinBerliner Künstler
seit 1998 lebe und arbeite ich auf dem Künstlerhof Frohnau e.V.
seit 1985 regelmäßige Ausstellungen

In allen Bildern habe ich mich dem Thema „Natur“ zugewandt.
Natur die uns umgibt, mit der wir und durch die wir leben.
Natur, die uns schon ein Stück entglitten ist und die  wir wieder neu in uns und auf unserer Erde entdecken und bewahren müssen, solange es noch nicht unmöglich geworden ist.

1938 in Köslin/Pommern (heute Koszalin) geboren
aufgewachsen in Mecklenburg
Studium an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig bei Wolfgang Mattheuer (Diplom)
Dozentin für Entwurf an der Fachhochschule für Werbung und Gestaltung Berlin
2 Töchter
Malerin/Grafikerin sowie Designerin und Projektmanagerin
Initiatorin von Berliner Salons unter Einbeziehung verschiedener Künste
Ausstellungen im In- und Ausland
Arbeits- und Wohnort Berlin

1964 Medizinstudium, bis 2002 Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie
2003-2004 Freie Kunstschule Berlin bei Serge Waha und Ute Wöllmann
2005-2009 Studium der Malerei an der Akademie für Malerei Berlin, Meisterschülerin von Ute Wöllmann
2009-2012 Lehrauftrag für Malerei, Akademie für Malerei Berlin
seit 2010 lebt und arbeitet als freischaffende Künstlerin in Berlin
Mitgliedschaften: seit 2010 Kunstverein Kunsthaus Potsdam e. V., 2012-2013 Produzentengalerie ROOT, Berlin, seit 2015 Kunstverein KUNST.RAUM.STEGLITZ e. V.
2018-2019 vertreten durch die Online-Galerie New German Art

Der Zeitaspekt im Sinne von Dauer spielt für mich eine besondere Rolle. Wieviel Zeit benötige ich, um ein Bild zu malen, wieviel wende ich auf für die mentale Vorbereitung eines Bildes und für die Entscheidung, es als vollendet anzusehen?
Meine Serie Übermalungen ist Beispiel eines verzögerten Zeit-Arbeit-Prozesses: die endgültige Komposition baut auf einem Bild einer anderen, vergangenen Zeit auf. Zeitdimensionen bilden auch die Momente meiner Körperbewegungen. Zuweilen gibt es „widerständige“ Bilder, die sich im Arbeitsprozess meiner eigentlichen Intuition widersetzen. Da kommt es oft zu einem langwierigen „Kampf“ um die endgültige Komposition.

Anja Mikolajetz wurde 1973 in Jena geboren. Sie studierte Freie Kunst an der Bauhaus-Universität in Weimar, Bühnen- und Kostümbild an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden. Sie lebt in Berlin. Als Bühnenbildnerin wurde sie mit dem Förderpreis der Sächsischen Zeitung Dresden für Ausstattung und mit dem Gudrun-Wassermann-Buschan-Preis für Bühnenbild ausgezeichnet. U.a. arbeitet sie für das Staatsschauspiel Dresden, das Deutsche Nationaltheater Weimar und das Théâtre National du Luxembourg.
Ihr Bilderbuch „Das Herz des Affen“ wurde 2016 für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert und in die IBBY Honour List 2018 in der Kategorie Illustration aufgenommen.
Mikolajetz Werke wurden in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen gezeigt, einige befinden sich in öffentlichen Sammlungen. 2019 war ihr Buch „Das musikalische Nashorn“ für den Hamburger Bilderbuchpreis nominiert.

1939
in Mohlsdorf/Thüringen geboren
Ausbildung als Kinderkrankenschwester und Säuglingsschwester
1981
Beginn mit dem Schreiben und Malen
Erste Veröffentlichungen in Anthologien
1991
erster Lyrikband »Geträumte Freiheiten«
2000-04
„Bettine-Briefe“, „atme die Worte von morgen“,  „Mondgedichte“, „Tanzbilder“,  „Mein rotes Kleidchen“. Diese Bände gestaltete die Grafikerin Bettina Rulf, Berlin
2008
„Liebes Fräulein B.“ und „Der Augenbaum“ richterdesign Mohlsdorf
seit 1993
Mitglied der Berliner Fraueninitiative Xanthippe e.V., Beteiligung an Projekten
seit 2002
Mitglied im Verein „Literaturlandschaften e.V.“

lebt und arbeitet in Berlin

1949 in Berlin geboren. Von 1975 bis 2000 Lehrerin für Englisch, Französisch und Bildende Kunst in Berlin. Seit 2001 freischaffend als Künstlerin tätig.
Mitgliedschaften: BBK Berlin, in der Kunstwerkstatt Treptow e.V., der Fraueninitiative Xanthippe e.V. sowie im Frauenmuseum Kunst, Kultur, Forschung e.V., Bonn.
Künstlerresidenzen: Schloss Wolfsburg in Traben-Trarbach; Schloss Haldenstein (CH) – durch Kulturaustauschs Treptow-Köpenick und Graubünden.

Meine hier gezeigten Werke entstanden seit 2020, also in der Zeit der CORONA-Pandemie und seit dem Krieg in der Ukraine. Sie sind damit auch eine Verarbeitung dieser Zeitspanne. Entsprechend düstere Anklänge zeigen sich, trotz satirischer Einsprengsel, in einigen Bildern, während andere eine den negativen Wendungen der Zeit trotzende heiter-euphorische Lebensfreude darstellen. Meine Motive kommen oftmals aus dem surreal-phantastischen, satirischen und expressiven Bereich.

Marianne Schröder

geb. 1983 in Leer Ostfriesland.
2002-2009 Studium Politologie und Germanistik, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
seit 2009  lebt und arbeitet in Berlin
2010 – 2016 freiberufliche Sozialwissenschaftlerin und Autorin (für BMFSFJ, BpB u.a.)
2011 – 2017 Selbststudium der Malerei
seit 2017 hauptberuflich freischaffende Künstlerin nach beruflicher Neuorientierung infolge einer Hirntumorerkrankung – Malerei, Skulptur, Installation, digitale Techniken, Installation
seit 2018 freiberufliche Workshopleitungen im Malsalon, Berlin – Aquarellmalerei, Abstrakter Expressionismus, Actionpainting
2020 Gründung Artwerk Berlin: Ausstellungsraum mit Atelier und Workshop-Angebot in ehem. Georg Heinrichs Kapelle, Berlin-Wedding
Arbeitsstipendium Kulturprojekte Berlin, Berlin
2023 1st International Painting Symposium Kalamaria, Thessaloniki, Griechenland

Seit vor einigen Jahren in meinem Kopf ein Radiologe „irgendein Gewächs“ entdeckte, befasse ich mich mit Fragen um Veränderung und Vergänglichkeit, Wachstum und Verfall sowie der Interaktion von Zeit und Raum. So auch in meiner Skulpturen-Serie „Great Barrier Reef“. Das von mir selbst entwickelte Material besitzt eine feine Textur und Fragilität und ist zugleich der Grund für die ephemere Qualität der Werke: Sie werden mit der Zeit schrumpfen, zerfallen und verschwinden. Neben Farben, Formenvielfalt und Bewegtheit der Skulpturen, die an exotische Pflanzen, Korallen und fremdartige Lebewesen erinnern können, stellt sich so der Bezug zum Titel der Serie her – zum gefährdeten und vergehenden „Great Barrier Reef“.

MIRIAM SMIDT

1960
in Bischofswerda geboren
1990-1996
Studium Malerei und Freie Keramik, Hochschule Niederrhein Krefeld
1998-1999
Postgraduales Studium Multimedia-Design, Berlin
lebt und arbeitet seit 1997 in Berlin

Architektonisch besondere Perspektiven, Spiegelungen und weiche wie harte Licht- und Schattensetzungen stehen im Mittelpunkt der malerischen Arbeit von Beate Tischer. Ihre architektonischen Räume verwandeln sich von physischen Realitäten zu verwobenen geometrischen Formen und Flächen.
Die aktuellen Bilder der Serie „Lob des Schattens“ widmen sich in nahezu abstrakten Kompositionen dem Zusammenspiel von Licht und Schatten. Sie fangen die dynamische Beziehung zwischen diesen beiden grundlegenden Elementen ein.

Lebt und arbeitet als Fotografin und Autorin in Berlin. Beide Tätigkeiten sind für sie eng miteinander verbunden. „Ein gutes Foto erzählt auch immer eine Geschichte und eine gute Geschichte erschafft immer Bilder.“
Ausstellungen 2022-23
4Fraun, Kunsthalle Brennabor, Stadt Brandenburg an der Havel; Fresh Legs, Inselgalerie Berlin; Cent Titres, Kultur am Nauener Platz e. V., Berlin.
Auszeichnungen für Schwarzweiß-Fotografie: Monovisions Black&White Photography Magazine-Award; Paris International Street Photography-Award.
Ihr Fotografie-Text-Buch „Zeitfenster Leben“ erscheint 2024 bei PalmArtPress, Berlin.

Zeit – Krankheit oder Allheilmittel? Sie dehnt sich, steht still, rast dahin und vergeht am Ende doch. Unfassbare Dimension. Ihr stures Vergehen macht mich wütend. Ich fotografiere dagegen an. Versuche, Beweise seelischer und körperlicher Existenzen zu erbringen. Ein Flugzeug am Himmel, nur für einen Moment. Ob von oben einer runter guckt? In nur wenigen Flugstunden – gefühlt endlos, hinterher verschwindend gering – ist man auf einem anderen Kontinent. Oft kommt die Seele nicht so schnell hinterher…

Tanja Wekwerth